
Vor einer ungewissen Zukunft steht der CAP-Markt an der Friedrichstraße 64a.
Foto: Magdalene Quiring-Lategahn
Anwohner und Politik bestürzt
CAP-Markt: Insolvenzverwalter prüft mögliches Ende
WAZ Lünen, 14.05.2014
Von Magdalene Quiring-Lategahn
Lünen: Hoffnungsvoll war der CAP-Markt In der Geist gestartet. Nach knapp zwei Jahren steht das Geschäft vor ungewisser Zukunft. 18 behinderte und nicht-behinderte Mitarbeiter bangen um ihre Arbeitsplätze. Die Anwohner fürchten um den Nahversorger im Quartier.
In der vergangenen Woche hatte die Betreibergesellschaft Diakonische Integrationsbetriebe Dortmund-Bochum-Lünen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt – auch für den CAP-Laden in Bochum.
Beim CAP-Markt an der Friedrichstraße 64a bleibt zunächst alles wie es ist. Die Löhne sind bis Ende Juli sichergestellt, Edeka liefert weiterhin die Waren. Der vorläufige Insolvenzverwalter prüft in den nächsten drei Monaten, wie es weitergehen kann.
„Geschockt“ hätten die Mitarbeiter die Nachricht von der drohenden Schließung aufgenommen, so der stellvertretende Martkleiter Thomas Baehr. „An den Beschäftigten hat es nicht gelegen“, erklärt Reiner Rautenberg, Sprecher des Diakonischen Werks.
Von Beginn an mit Defizit
Vielmehr hätten sich die Umsatzprognosen nicht erfüllt. Der CAP-Markt sei von Anfang an wirtschaftlich deutlich defizitär und nur über einen hohen Verlustausgleich der beiden Gesellschafter, Diakonie Ruhr Werkstätten und Diakonisches Werk Dortmund und Lünen, aufrecht zu erhalten.
„Wir lagen immer knapp unter den Planzahlen“, sagt Thomas Baehr. Es dauere meist drei Jahre, bis schwarze Zahlen erreicht werden können. „Wir fühlen uns von der Geschäftsleitung im Stich gelassen“, ist Baehr enttäuscht.
Derweil sammelt Elke Wolf vom Lottogeschäft nebenan Unterschriften für den Erhalt. Knapp 300 hatte sie gestern Mittag zusammen. „Die Kunden können das gar nicht fassen“, sagt Mitarbeiterin Ulrike Wiemer.
CAP-Markt bringt Lebens ins Viertel
Hildegard Weu wohnt in der Virchowstraße. „Wenn der Laden hier nicht wäre, wüsste ich gar nicht, wo ich einkaufen sollte. Ich habe einen kaputten Rücken“, so die 78-Jährige.
Unklar ist die Situation für Wilhelm Kanne, der in dem CAP-Markt eine Bäckereifiliale betreibt: „Ich hänge in der Luft und warte auf Informationen.“
Sonja Papior (38) findet wichtig, dass der CAP-Markt bleibt: „Durch ihn lebt das Geistviertel wieder auf.“ Die Kunden würden persönlich angesprochen, an der Theke tausche man Rezepte aus. „Der Laden bietet mehr als Einkaufen“, sagt sie.
Stellungnahmen und Meinungen aus der Politik:
Die Nachricht von der Schieflage des CAP-Marktes beschäftigt die Politik. Bürgermeister Hans Wilhelm Stodollick erklärte, er habe „mit großer Betroffenheit“ von der drohenden Schließung erfahren.
Er appellierte in einem Brief an die Geschäftsführung der Diakonie, alle Anstrengungen zu unternehmen, die Zukunft des CAP-Marktes zu sichern. Die Stadt biete im Rahmen ihrer Möglichkeiten Unterstützung an.
Zwischenzeitlich hatte es Kritik an den Kanalarbeiten in der Friedrichstraße gegeben, die den Zugang zum CAP-Markt erschwert hätten.
Kanalarbeiten seien nötig gewesen
Stodollick erklärte, die Arbeiten von März bis September 2013 seien aufgrund eines Kanalbruchs notwendig gewesen. Eine Umleitung war ausgeschildert. Der CAP-Markt sei zu Fuß und per Rad erreichbar gewesen.
Wie viele Bewohner ist auch Siegfried Störmer, Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Lünen-Stadt, „entsetzt über die Nachricht vom CAP-Markt“. „Der Ortsverein unterstützt das Anliegen der Bewohner, den CAP-Markt zu erhalten. Er wird sich im Rahmen seiner Möglichkeiten um eine Nachfolgeregelung bemühen. Die Geist braucht ein Lebensmittelgeschäft“, so Störmer.
Spontan besuchte die CDU-Ortsunion mit Carl Schulz-Gahmen, Herbert Jahn, dem örtlichen Ratskandidaten Daniel Pöter und CDU-Fraktionschefin Annette Droege-Middel gestern den CAP Markt.
Daniel Pöter verspricht: „Wir wollen einen offenen Brief an die Geschäftsführung in Dortmund, Frau Koch, senden und uns für den Erhalt des CAP-Marktes in der Geist einsetzen.“ Die Ortsunion Mitte bittet die Bürger in der Geist um ihre Unterstützung und darum, im CAP Markt einzukaufen.
„Insolvenz muss nicht das Ende bedeuten“
GFL-Ratsmitglied Dr. Ulrich Böhmer, erklärt: „Insolvenz muss nicht das Ende bedeuten“. Häufig können Insolvenzverfahren mit einer Weiterführung des Betriebs beendet werden. Im Fall aber des negativen Ausgangs der Insolvenz müssten die Anwohner weitere Wege in Kauf nehmen.
Gerade für Senioren und Behinderte sei dies möglichst zu vermeiden. Böhmer appelliert an den Vermieter Vivawest, mit einer Senkung der Miete dem Laden eine Chance zu geben. Weitere Gespräche sollen geführt werden, um den Laden zu retten.
Von Vivawest hieß es gestern, es lägen dem Unternehmen keine Informationen zu einem Insolvenzverfahren vor.
Das Konzept der CAP-Märkte
Der Begriff CAP-Markt ist abgeleitet von Handicap. Ziel ist die Integration behinderter Menschen. In Lünen sind neun behinderte und neun nicht-behinderte Mitarbeiter beschäftigt. CAP-Märkte sollen ein fußläufiges Angebot der Nahversorgung schaffen. Die Produkte des Lebensmittelgeschäftes stammen überwiegend von Edeka und regionalen Anbietern.
Magdalene Quiring-Lategahn